Wie kann man lernen, gut zu schlafen?
Warum das wichtig ist
Das ist wichtig für mich, weil ich für die Zukunft guten Schlaf brauche, damit ich in der Schule nicht so müde bin. Man hat sonst keine Lust, mit Leuten zu sprechen. Man kann nicht gut lernen. Wenn man nachts wach liegt, dann denkt man an schlimme Sachen. Und an traurige Sachen.
Wie die Situation jetzt ist
Im Moment kann ich oft nicht schlafen und liege nachts wach. Dann bin ich am nächsten Tag sehr müde und alles ist sehr anstrengend. Vielleicht habe ich auch deshalb jetzt oft Kopfschmerzen.
Was mein Wunsch ist
Ich wünsche mir, dass ich wieder gut schlafen kann. Früher habe ich in Afghanistan viel gearbeitet, dann war ich müde und konnte gut schlafen. Heute bin ich auch müde, aber kann oft nicht schlafen.
Welche Informationen ich über das Thema schon habe:
Man darf spät keinen Kaffee oder keine Cola trinken. Auch keinen Energydrink. Man darf spät nicht mehr viel essen. Es soll nicht laut sein. Das Zimmer muss dunkel sein. Ich soll das Handy vor dem Schlafen gehen weglegen. Ich soll keine laute Musik hören. Ich kann ein Buch lesen. Ich möchte aber noch mehr darüber wissen, weil das, was ich weiß, noch nicht richtig hilft.
Mit Ulrike Ganter habe ich über mein Anliegen gesprochen. Sie ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin.
Was ist Therapie?
Psychotherapie bedeutet Therapie für die Seele; Behandlung bei einer seelischen Erkrankung. Das heißt, man geht zu einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten, wenn man seelisch leidet, wenn man traurig, verzweifelt, unsicher, voller Angst ist, wenn es einem nicht gut geht. Das Wichtige ist die therapeutische Beziehung. Das bedeutet, dass du der Therapeutin vertrauen kannst, dass du offen sprechen kannst, was dir wichtig ist und dass du dich verstanden fühlst. Manchmal muss das Vertrauen erst entstehen, damit du erzählen kannst, was dich belastet, was schwer ist. Es tut gut, darüber zu sprechen. Aber in einer Therapie redet man nicht nur über die schweren Erlebnisse, sondern auch über das, was Freude macht, was gut gelingt.
Eine Therapeutin hat Schweigepflicht; das bedeutet, dass sie niemandem (außer du erlaubst es) etwas von dem, was ihr besprecht, weitererzählen darf.
Viele Flüchtlinge gehen zu einer Psychotherapie, denn sie haben in ihrer Heimat und auf der Flucht Schreckliches erlebt und gesehen, so viel Angst gehabt, dass sie bis heute an den Erinnerungen leiden. Angst und Schrecken bleiben erst mal, auch wenn du in Deutschland angekommen bist und hier erst mal sicher bist. Die Folgen merkt man dann auch körperlich: Man ist innerlich immer sehr aufgeregt und angespannt, kann nicht schlafen, hat schlimme Albträume, kann sich nicht richtig konzentrieren, manchmal ist man in Gedanken ganz woanders, und weiß nicht mehr, was gerade passiert ist. Manchmal möchte man sich nicht erinnern, aber die Gedanken hören nicht auf. Viele Flüchtlinge werden nie richtig ruhig. Tagsüber kann man sich ablenken. Man geht in die Schule, trifft sich mit Freunden, geht spazieren, macht Sport. Aber abends kommt die Angst oft wieder hoch. Deshalb können viele Flüchtlinge nicht einschlafen oder sie wachen nachts wieder auf und können dann nicht weiter schlafen.
Erstmal muss man wissen, dass man nicht verrückt ist; das ist normal, wenn man viel Schlimmes erlebt hat.
TIPPS, UM BESSER SCHLAFEN ZU KÖNNEN
von Ulrike Ganter, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin
Kleine Lampe
Man kann nachts eine kleine Lampe anmachen.
Musik & Film
Manchen Menschen hilft es, wenn sie abends fröhliche Musik hören oder Filme schauen, aber traurige Musik und traurige Filme sind nicht so gut.
Kein Druck
Man sollte sich nicht unter Druck setzen, dass man unbedingt schlafen will.
Rituale
Man kann abends Rituale machen. Ein Ritual ist etwas, das man jeden Abend gleich macht. Man kann zum Beispiel, bevor man ins Bett geht, einen Tee trinken und dann nichts mehr machen, was einen aufregt. Zum Beispiel keine Nachrichten aus Syrien oder Afghanistan hören oder lesen.
Pflanzen beruhigen
Man kann abends Baldrian, Passionsblume oder Johanniskraut als Tablette oder Tee zu sich nehmen, um ruhiger zu werden. Diese Pflanzen beruhigen und jeder kann sie in der Drogerie oder Apotheke kaufen. (Es sind keine Drogen.)
Nicht zu viel nachdenken
Man sollte versuchen, nachts nicht an schlimme Sachen zu denken.
Sport
Sport ist natürlich immer gut, damit man besser schlafen kann. Gerade am späten Nachmittag. Dann ist man eher müde.
Etwas Saures/Scharfes
Wenn man nachts voller Schrecken aufwacht und nicht mehr weiß, ob man in Hamburg oder in der Heimat ist, ist es wichtig, etwas zu tun, damit man wieder weiß, wo man ist. Dann kann man z.B. Center Shock Kaugummis essen. (Man kann sie in jedem Kiosk kaufen!) Sie sind total sauer und machen einen sofort wach. Dann weiß man gleich, dass man im sicheren Hamburg ist. Das Gleiche kann man auch mit Pfefferminzöl machen (einen Tropfen auf die Hand und ablecken). Es geht auch mit saurem Brausepulver.
Sich loben
Man sollte sich sagen, dass man schon so viel geschafft hat. Jeder Flüchtling ist sehr stark. Denn er/sie hat den langen Weg aus der Heimat nach Deutschland geschafft. Das darf man nie vergessen
Körperübung
Man kann im Bett eine Übung machen: Man legt sich auf den Rücken und konzentriert sich immer auf einen Bereich des Körpers: Erst denkt man nur an den Kopf, der total schwer auf dem Kissen liegt. Dann an die Schultern, an den Rücken, das Becken, den Po, die Oberschenkel und so weiter. So kann man ruhig werden, weil man nur an den Teil des Körpers denkt und an sonst nichts.
Tor!!!
Tagsüber kann man auch eine andere Übung machen: Man streckt beide Arme nach oben wie ein Fußballspieler, der ein Tor geschossen hat. Da fühlt man sich viel stärker, als wenn man mit heruntergezogenen Schultern dasteht.
Ich heiße Farid, bin 18 Jahre alt und komme aus Afghanistan. Seit 1,5 Jahren bin ich in Hamburg und wohne in Eidelstedt in einer Jugendwohnung mit vielen Jugendlichen aus Deutschland. Mit einigen spreche ich Deutsch, aber manchmal ist es schwer, sich zu verständigen. Mein Hobby ist Boxen.
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